Berichterstattung: | Senatsdrucksache |
Senator Dr. Freytag | Nr.: 2004 /……….. |
Staatsrat Dr. Doppler Staatsrätin Dr. Gundelach |
vom: …………….. |
Der Senat hat in seiner Sitzung am 7.Januar 2003 den weiteren Ausbau und Umbau des Hamburger U-Bahnnetzes beschlossen und dem Vorschlag für eine neue U-Bahnlinie U 4 (HafenCity - Rathaus - Berliner Tor - Barmbek - Steilshoop - Bramfeld) zugestimmt (Neufassung der Drucksache 2002/1411). Bestandteil dieser neuen U-Bahnlinie U 4 ist die Anbindung der HafenCity mit einer Tunnelstrecke, die aus der heutigen U-Bahnlinie U3 unter der Mönckebergstraße im Bereich der hierfür umzubauenden Haltestelle Rathaus ausgefädelt wird. Dieser Lösungsansatz ist vor dem Hintergrund einer umfassenden System- und Variantenbetrachtung entwickelt worden (vgl. Anlagen 1 und 3).
Ende Juni 2004 wird die Hochbahn als Vorhabenträgerin das Abstimmungsverfahren mit den Trägern öffentlicher Belange einleiten. Parallel dazu werden in der Mönckebergstraße zur Erkundung des Untergrundes (z.B. Leitungsverläufe) und vorhandener Gebäudegründungen mehrere Aufgrabungen („Schürfgruben") erfolgen. Die Entwurfsarbeiten erreichen damit ein Stadium, in dem das Vorhaben der U-Bahnanbindung der HafenCity voraussichtlich auch ein besonderes öffentliches Interesse erfahren wird.
Bei den inzwischen durchgeführten Entwurfsarbeiten für die U-Bahnanbindung der HafenCity ist nochmals deutlich geworden, dass es während der Bauzeit ab ca. 2006 im Bereich Mönckebergstraße, Große Johannisstraße und Großer Burstah zwischen Gerhart-Hauptmann-Platz und Hahntrapp erhebliche Beeinträchtigungen durch die mehrjährigen Bauarbeiten und Baustelleneinrichtungsflächen geben wird. Trotz moderner Bauverfahren (z.B. Wand-Deckel-Bauweise) ist es nicht vermeidbar, dass es voraussichtlich ab Ende des Jahres 2006 über mehrere Jahre hinweg größere Baugruben geben wird, die bis an die Hausfronten heranreichen und z. T. die Zugänglichkeit zu einzelnen Gebäuden zeitweise einschränken. Darüber hinaus wird es eine ca. dreijährige Unterbrechung im Betrieb der U 3 zwischen den Haltestellen Mönckebergstraße und Rödingsmarkt sowie eine teilweise Umleitung des Busverkehrs geben.
Aus diesem Grunde ist nochmals eine Alternative dahingehend geprüft worden, ob bei Vermeidung der vorgenannten Beeinträchtigungen die Zielsetzungen des Gesamtprojektes erfüllt werden können. Dieses betrifft insbesondere:
Der Ansatz zur Vermeidung der durch die Baustellen bedingten Beeinträchtigungen in der Mönckebergstraße besteht in einer Ausfädelung der U 3 weiter westlich im Bereich Rödingsmarkt mit folgendem Trassenverlauf:
Diese Alternative zur U-Bahnanbindung der HafenCity ist im Vergleich zur bisher verfolgten Lösung mit einer unterirdischen Ausfädelung an der Haltestelle Rathaus einer Bewertung unterworfen worden. Dabei wurden auch weitere unterirdische Varianten in diesem Bereich mit einbezogen.
Die wesentlichen Vor- und Nachteile im Vergleich zu der Ausfädelung einer unterirdischen Strecke am Rathaus stellen sich wie folgt dar:
Die U-Bahnanbindung der HafenCity mit einer Ausfädelung an der Haltestelle Rathaus gewährleistet die direkte, schnelle und attraktive ÖPNV-Anbindung der HafenCity an die Innenstadt mit vollständiger Integration in das vorhandene Schnellbahnnetz der Stadt. Auf dieser Lösung basieren entscheidende Randbedingungen des Projektes HafenCity, auf die Investoren, die sich in der HafenCity bereits engagiert haben bzw. mit denen gegenwärtig verhandelt wird, vertrauen. Ein abweichender Lösungsansatz führt zu Akzeptanzproblemen und erfordert eine Änderung der Randbedingungen. Dieses führt zu einer erheblichen Störung der zeitlichen Abläufe. Die Bereitschaft für Investitionen und damit der städtebauliche Erfolg der HafenCity werden nachhaltig gefährdet.
Bei der Lösung mit einer Tunnelstrecke wird auf Dauer mit dem wertvollen Flächenpotenzial in der Innenstadt und der HafenCity und dem knappen öffentlichen Verkehrsraum schonend umgegangen. Beeinträchtigungen der städtischen Funktionen sind auf die Bauzeit beschränkt. Lösungsansätze in Hochlage widersprechen dem vorliegenden Konzept des Masterplans und den Ergebnissen von Wettbewerben, die durchgeführt wurden und inzwischen Grundlage der städtebaulichen Entwicklung sind. Eine Trassenführung in Hochlage erfordert wegen des höheren Platzbedarfs für öffentliche Flächen eine grundlegende Änderung der städtebaulichen Gesamtkonzeption und führt nicht nur zu einer erheblichen visuellen Beeinträchtigung wertvoller offener Blickbeziehungen in der HafenCity und am Östlichen Hafenrand (Baumwall, Kehrwiederspitze, Kaispeicher A mit Elbphilharmonie, Magdeburger Hafen). Städtebaulich prägende Nutzungsverflechtungen zum und vom Wasser (z. B. am Dalmannkai und Hübnerkai, im Überseequartier) werden unterbrochen, für das Projekt wichtige,hochwertige Nutzungen, wie z.B. Wohnen in der HafenCity, werden gestört. Sowohl die für hochwertige Nutzungen vorgesehene Fläche als auch die städtebauliche Qualität insgesamt werden deutlich verringert.
Jedweder Bau einer U-Bahn im innerstädtischen Bereich wird zu Beeinträchtigungen und zu Eingriffen in die Rechte von Betroffenen führen. Während die Beeinträchtigungen bei der U-Bahnausfädelung am Rathaus zeitlich befristet auf die Bauzeit spürbar werden, sind diese bei einer Ausfädelung einer Viaduktstrecke aus der Hochlage am Rödingsmarkt auf der gesamten Strecke dauerhaft.
Die rechtlichen Risiken (Prozessrisiko und Entschädigungsforderungen) stellen sich wie folgt dar:
Die Anbindung der HafenCity mit der unterirdisch geführten Strecke ab Rathaus entspricht der verkehrlichen Zielsetzung in hohem Grad. Die Fahrtzeit zwischen Rathaus und dem Überseequartier in der HafenCity wird nur ca. 2-3 Minuten betragen. Bei der Ausfädelung einer Strecke am Rödingsmarkt wird die Fahrt zwischen Rathaus und Überseequartier rd. 5 Minuten dauern. Da bei dieser Lösung von einer zusätzlichen Haltestelle am Kaispeicher A ausgegangen wird, würde sich die Fahrzeit um noch eine weitere Minute auf dann 6 Minuten verlängern.
Die deutlich längere Unterbrechung im U-Bahnbetrieb der U 3 in der Innenstadt (rd. 3 Jahre) während des Umbaus der Haltestelle Rathaus zur Schaffung einer unterirdischen Ausfädelungsstrecke ist dadurch bedingt, dass zur Minimierung der Beeinträchtigungen in der Innenstadt eine Deckelbauweise eingesetzt wird, die wesentlich zeitaufwendiger als ein offenes Bauverfahren ist. Bei einer Viaduktlösung ab Rödingsmarkt ist der Bau eines komplizierten oberirdischen Überwerfungsbauwerkes erforderlich. Die Unterbrechung für den U-Bahnbetrieb in dem entsprechenden Abschnitt beträgt hier rd. 6-8 Monate.
Der Hafenrand und inzwischen auch die HafenCity haben für den Tourismus in Hamburg eine große Bedeutung, insbesondere auch wegen der interessanten Blickbeziehungen zum und über das Wasser. Eine Viaduktstrecke ab Rödingsmarkt würde diese touristisch wichtigen offenen Blickbeziehungen von den Freiräumen der HafenCity und am Hafenrand (Baumwall) dauerhaft visuell erheblich beeinträchtigen. Dem steht ein kurzes touristisches Erlebnis bei einer Fahrt über diese Hochstrecke gegenüber.
Jeder große U-Bahnneubau birgt bei noch so sorgfältiger Planung und Vorbereitung technische Risiken in sich. Bei der vorgesehenen Lösung einer Ausfädelung am Rathaus sind diese inzwischen bekannt und nach den bisherigen Prüfungen beherrschbar (Bodenkontamination auf dem Grasbrookgelände, Bombenblindgänger auf dem Grasbrookgelände und in Hafenbecken).
Bei einer Trasse in Hochlage im Hafenbereich am Rand der Fahrrinne vor dem Kaispeicher A besteht das Hauptrisiko im Schiffsanprall bei einer Havarie von Seeschiffen (z.B. Kreuzfahrtschiffen, Ro-Ro-Schiffen), die die östlichen Hafenteile befahren mit den möglichen Folgen für Leib und Leben vieler Menschen. Dieses Risiko für den Betrieb der U-Bahn auszuschließen bedeutet, dass der Schiffsverkehr in diesem Teil des Hafens eingeschränkt werden muss. Entsprechend massive Schutzmaßnahmen wie Ufervorschüttungen würden hier die nutzbare Breite der Fahrrinne spürbar einengen. Solche Beschränkungen im Hafenverkehr stehen auch im Widerspruch zur geplanten Lage des Kreuzfahrtterminals.
Die unterirdische Anbindung der HafenCity mit einer Ausfädelung am Rathaus wird geschätzte Baukosten in Höhe von rd. 255 Mio. € verursachen. Eine oberirdische Anbindung der HafenCity ab Rödingsmarkt ist mit geschätzt rd. 205 Mio. € (einschließlich zusätzlicher Haltestelle am Kaispeicher A) insgesamt kostengünstiger. Nicht enthalten in diesen Kosten sind in beiden Varianten mögliche Entschädigungsforderungen sowie Sondermaßnahmen (Bodenkontamination / Schiffsanprall), die gegenwärtig noch nicht beziffert werden können.
Die Weiterführung einer unterirdisch vom Rathaus kommenden U-Bahnstrecke in Richtung Süden auf einer Achse HafenCity - Wilhelmsburg - Harburg im Rahmen der Wachsenden Stadt ist in verschiedenen Trassenlagen möglich und schränkt die städtebauliche Gestaltungsfreiheit auf den südlich der HafenCity gelegenen Arealen z.B. des Kleinen Grasbrook nicht ein. Für Lösungsansätze in Hochlage sind die Möglichkeiten einer Verlängerung nach Süden eingeschränkt oder haben Einfluss auf die bestehenden und zukünftigen Nutzungen.
Um die dargestellten erheblichen städtebaulichen Beeinträchtigungen und nachteiligen Wirkungen auf die HafenCity zu umgehen, die mit einer Strecke in Hochlage verbunden sind, ist auch eine unterirdische Führung ab Rödingsmarkt nochmals geprüft worden. Ergebnis ist:
Nach der nochmaligen Prüfung und Bewertung der Varianten soll die bislang geplante Ausfädelung der U 4 an der Haltestelle Rathaus für die Erarbeitung der Planfeststellungsunterlagen weiterhin zugrunde gelegt werden.
Die negativen Auswirkungen für die Entwicklung der HafenCity und am Hafenrand (z. B. Beeinträchtigung der funktionalen Verflechtungen und Nutzungen in der HafenCity, z.B. am Überseequartier und beim Wohnen am Dalmannkai, Flächeninanspruchnahme durch das Viadukt, Beeinträchtigung des Stadtbildes am Hafenrand und in der HafenCity, Schiffsanprall usw.) sind auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Investitionskosten gravierender als die zwar massiven, aber vorübergehenden Eingriffe in der Innenstadt.
Auf dieser Basis und unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Abstimmungsverfahrens mit den Trägern öffentlicher Belange werden die Antragsunterlagen für das Planfeststellungsverfahren aufgestellt. Das Planfeststellungsverfahren wird voraussichtlich Mitte 2005 beantragt werden. Im Planfeststellungsverfahren wird unter Einbeziehung und Abwägung der Belange der Betroffenen der Plan für die U-Bahn Anbindung der HafenCity festgestellt.
Der Senat wird gebeten,
davon Kenntnis zu nehmen, dass für die Aufstellung der Planfeststellungsunterlagen an der unterirdischen U-Bahnausfädelung im Bereich der Haltestelle Rathaus und der unterirdischen Anbindung der HafenCity festgehalten wird.
Anlage 1: U-Bahnanbindung der HafenCity - Ausfädelung Rathaus
Anlage 2: U-Bahnanbindung der HafenCity - Ausfädelung Rödingsmarkt
Anlage 3: Visualisierung der Baustellensituation in der Großen Johannisstraße am Rathaus
Anlage 4: Visualisierung der Situation vor dem Kaispeicher A (Ausfädelung Rödingsmarkt)